Hamburg, du kannst Geschichten! Von Küssen, Croissants und kleinen Wundern

Ich sitze im Zwick, mitten in Hamburg. Ein Ort, der nicht fragt, wer du bist oder was du machst. Hier zählt das Sein. Der Moment. Die Musik, die mit dem Raum tanzt, während Stimmen, Lachen und Leben ineinanderfließen.

An einem Tisch ein Paar – vermutlich frisch verliebt. Er schaut sie an, als wäre sie die Antwort auf eine Frage, die er nie auszusprechen wagte. Sie, leicht zu ihm geneigt, lächelt dieses Lächeln, das nicht laut werden muss, um zu wirken. Ihre Hand auf der seinen, still, vertraut. Der Kuss, den er zu erwarten scheint, bleibt aus – noch. Stattdessen: Blicke, kleine Gesten, ein Zauber, der sie umhüllt wie das warme Licht der Bühne.

Eine Zeit lang später.

Ein Lachen, das frei wirkt. Seine Hand streift die ihre. Und dann: der Kuss. Zunächst zögerlich, fast tastend, dann mutiger. Leidenschaftlich. Kein Kuss für ein Selfie, keiner zum Vorzeigen. Sondern einer, der geschrieben war – vielleicht lange vor diesem Abend. Kurz darauf verlassen sie das Zwick. Lächelnd. Verzaubert. Hand in Hand. Die Nacht bleibt ein wenig heller hinter ihnen zurück.

Ein anderer Tag, gleiche Stadt.

Zuerst führt uns der Weg zur Kramer-Witwen-Wohnung. Ein Haus, das heute „Tiny“ genannt würde, früher einfach „bescheiden“. Die Räume eng, die Treppe so steil, dass man sie nur rückwärts hinabsteigen konnte. Ein Bett wie aus einem Puppenhaus. Davor ein Nachttopf. Notwendigkeit statt Komfort. Hier lebten verwitwete Frauen, teils mittellos, aber eingebunden in eine Gemeinschaft. Das Haus war Hilfe und Würde zugleich.

Es fasziniert mich, wie wenig Raum es braucht, um ein Leben zu führen – selbst unter beschwerlichen Umständen. Wie viel Einfachheit tragen kann, wenn sie getragen wird von einem inneren Halt, von Würde, von dem Willen, das Leben nicht an Quadratmetern zu messen.

Dann, ein paar Straßen weiter, in ganz anderer Stimmung: die Pâtisserie Johanna.

Ein Ort, der aus einem Bruch entstand.

Aus Trauer, Liebe und Erinnerung. Eltern, die aus dem Verlust ihrer Tochter etwas Lebendiges geschaffen haben. Einen Raum für Genuss. Für leise Gespräche. Für die Würdigung des Augenblicks.

Neben uns: zwei Frauen. Die eine etwas älter, lächelnd im Blick, warm im Ton. Die andere jünger, lebendig, leicht. Ich saß vor meinem Schmetterlings-Croissant – kunstvoll geformt, liebevoll dekoriert und süß im Geschmack. Fast zu schön, um ihn zu essen. Und doch gemacht, um genossen zu werden. Wie ein Moment, der flüchtig ist und gerade deshalb zählt.

Beim Verabschieden kam der Gastgeber auf uns zu – Johannas Vater.

Er fragte, ob alles für uns gepasst habe und wie wir auf sie aufmerksam geworden sind. Ich erzählte ihm, dass ich ihre Geschichte gelesen hatte.

Daraufhin erzählte er – mit Augen, die feucht wurden – vom Weg, der nicht leicht war.

Von der Begegnung, die seine Frau, Johannas Mutter, mit Pâtissier Marcel hatte – in einem Glasier- und Bindemittelkurs. Eine dieser scheinbar zufälligen Verbindungen, die sich im Rückblick wie Fügung anfühlen.

Und irgendwann sagte er still:

„Johanna hat uns einen Sohn geschickt.“

Ein Satz, der bleibt. Leise. Und doch voller Kraft.

Gleicher Tag.

Nach einer Pause – um das Erlebte wahrzunehmen, zu sortieren, wirken zu lassen – trafen wir uns mit Freunden. Am Bunker. Ein Bauwerk, das Geschichte in sich trägt. Umgebaut, geöffnet, begehbar gemacht. Wo früher Schutz und Enge herrschten, ist heute Raum. Licht. Aussicht.

Ein Mahnmal, ja. Und doch mehr.

In seiner heutigen Gestalt macht er nachdenklich, ohne zu erdrücken.

Ein Freund erzählte, dass er als kleiner Junge dort gespielt hatte. Damals war noch ein Paternoster eingebaut – ein Relikt der Funktionalität inmitten dicker Mauern. Er sprach auch von einem zweiten Bunker, in dem heute ein Unternehmen seine Heimat gefunden hat. Zwei Orte, gleiche Herkunft – und doch unterschiedlich weitergedacht.

Der erste: für die Öffentlichkeit geöffnet, auf der alten Substanz aufgebaut, aber mit dem Blick nach oben. Dort, wo früher der Aufzug zirkulierte, führen heute viele Stufen hinauf – sie laden ein, Hamburg von oben zu erleben.

Oben angekommen: Weite.

Der Freund zeigte uns, wo er bis zu seinem zwölften Lebensjahr gelebt hatte. Ein Fingerzeig in die Ferne – und gleichzeitig mitten ins Herz.

Der Dom:

Ein Prädikat aus Fahrgeschäften, Leckereien und Menschen, die in Hamburg – wie es heißt – nur rechtsseitig laufen. Jeder, der links geht, „läuft gegen den Strom“ – und das, so sagt man, geht in Hamburg nicht.

Wir zogen weiter.

Ein paar Ecken weiter: eine kleine Kneipe, Ecklage, ehrliches Licht, offene Türen. Innen: Musik, Stimmen, das helle Klingen von Gläsern, das Lachen von Menschen, die nichts beweisen wollen.

Dort trafen wir auf Regina und ihren Mann – ein waschechter Borusse.

Sie feierte Geburtstag,

er trug die Raute auf der Brust und das Herz auf der Zunge.

Offen, herzlich. Besonders.

Er erzählte mir von seinem Freund Fred, einem Borussia-Fan aus Berlin, der zu jedem Heimspiel nach Mönchengladbach fährt. Vor 1989, sagte er, kannte er Borussia nicht einmal.

Und heute? Eine Liebe. Bedingungslos.

Ein paar Gespräche weiter trafen wir weitere Herzensmenschen. Wir zogen weiter, aßen beim Portugiesen, lachten, teilten.

Später: Heinz-Albers-Platz.

La Paloma

Ein Ort, an dem Musik Vergangenheit und Gegenwart verbindet. NDW dröhnt aus den Lautsprechern – erstaunlich beliebt beim jungen Publikum. Die Tanzfläche kein Ort für Perfektion, sondern für das Leben selbst.

Ich beobachtete zwei Schwestern – Alex und Franzi.

Ihre Bewegungen leicht, spielerisch, fast poetisch. Mit Händen und Blicken erzählten sie von einem Miteinander, das tiefer geht. Ihre kleine Choreografie zog Blicke an – aber nie aufdringlich, nie laut. Nur schön.

Der Abend neigte sich dem Ende, bevor er zu kippen drohte. Gerade rechtzeitig. So wie es sein soll.

Was ich aus diesen Begegnungen mitnehme:

Dass das Leben sich oft leise zeigt – in Gesten, Blicken, Worten, die nicht laut sein müssen, um zu wirken.

Dass echte Nähe keinen großen Auftritt braucht.

Und dass die Geschichten der Menschen – ob flüchtig oder tief – immer Spuren hinterlassen.

Unperfekt. Echt. Berührend.

Ganz nach meinem Geschmack.

 


Danke, Jutta, für den Gedanken, ich könne Stadtschreiberin sein – so wie es in Hamburg tatsächlich gibt.

Die Idee hat in mir etwas in Bewegung gesetzt.

Vielleicht werde diesen Blog weiterentwickeln.

In diesem Ton. Mit diesem Blick.

Stille Geschichten, die erzählt werden wollen.

Gedacht, gefühlt und geführt von mir – sprachlich begleitet von einer KI.